Samstag, 16. Juni 2018
Eleison Kommentare DLXX (570)

Rom bereitet sich vor?

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer DLXX (570)

Wer scheut sich, den Kampf um den Glauben beim Namen zu nennen
Wo überall lichterloh des Kampfes Feuer doch brennen?

 

Im Zusammenhang mit der Krise, in welche die katholische Kirche in dem halben Jahrhundert seit Vatikan II (1963—1965) verstrickt ist, können zwei kürzlich erfolgte Schachzüge der Kirchenbehörden in Rom überraschend wirken, weil beide den Eindruck erwecken, die katholische Tradition zu begünstigen, obwohl so vieles darauf hindeutet, daß Papst Franziskus dieser ein für alle Male den Garaus machen möchte. Will der böse Wolf tatsächlich nett zu den Rotkäppchen der Priesterbruderschaft St. Pius X. sein, oder handelt es sich da bloß um zwei neue listige Manöver, um sie in die konziliäre Wolfshöhle zu locken? Bereitet sich Rom ebenfalls auf das Generalkapitel der Bruderschaft Mitte Juli vor?

Der erste der beiden Schachzüge erfolgte Mitte Februar dieses Jahres, als die Ecclesia-Dei-Kommission, die 1988 in Rom gegründet worden war, um die bedrohlich erstarkende katholische Tradition zu verwässern, der halbtraditionalistischen Petrusbruderschaft das Recht gewährte, die ausgeprägt traditionalistischen liturgischen Riten der Karwoche zu zelebrieren. Diese alten Riten greifen viele Jahrhunderte weiter zurück als die von Kardinal Bugnini in den fünfziger Jahren durchgeführte Liturgiereform, die der Neuen Messe der sechziger Jahre den Weg bahnte. Als alte Riten der Karwoche werden sie unter Katholiken, welche die Neue Messe ablehnen, immer populärer, weil die neuen Riten so viele Züge jener modernistischen Liturgie enthalten, die Paul VI. der Universalen Kirche anno 1969 mittels administrativer Tricks aufzwang. Rückt Rom endlich von der Neuen Messe ab?

Schwerlich. „Was das auch sei, ich mißtraue den Griechen trotz ihrer Geschenke“, lautet eine berühmte Zeile bei Vergil. Dieses Geschenk an die Traditionalisten kann ohne weiteres ein ränkevolles Manöver Roms sein, um allerlei Rotkäppchen, insbesondere die Teilnehmer am Generalkapitel im Juli, davon zu überzeugen, daß der böse Wolf eigentlich gar nicht so böse ist. Das Kapitel ist für Rom wichtig – die von Erzbischof Lefebvre errichtete Bastion des Glaubens muß geschleift werden, weil der wahre Kampf des Erzbischofs ein wirkliches Hindernis auf dem Weg zur Neue Weltordnung darstellte, das in keinem Verhältnis zur relativ kleinen Mitgliederzahl der Bruderschaft stand. Seit dem Tod des Erzbischofs ist der Kampf der Bruderschaft merklich schwächer geworden, doch Rom befürchtet, das Kapitel könnte ihn wieder in voller Schärfe aufflammen lassen. Rom will entweder einen weiteren Liberalen als Generaloberen oder notfalls einen Kompromisskandidaten, unter keinen Umständen jedoch einen echten Glaubenskämpfer!

Der zweite überraschende Schachzug Roms folgte am 16. Mai, als ein wohlbekannter Journalist aus dem Vatikan, Andrea Tornielli, einen Auszug aus einem unlängst von einem offiziellen Vertreter Roms verfaßten Buch über Papst Paul VI. (1963—1978) veröffentlichte. Bei diesem Auszug handelt es sich um einen ausführlichen Bericht über ein Gespräch zwischen dem Papst und Erzbischof Lefebvre, das knapp zwei Monate nach der vom Erzbischof vor einer riesigen Menschenmenge in Lisle, Frankreich, zelebrierten Messe stattfand. Diese Messe markierte den Anfang der traditionalistischen Bewegung, so daß der Papst den Erzbischof zügeln wollte. Die nur wenig länger als eine halbe Stunde dauernde Unterredung wurde von den Römern protokolliert und vom Erzbischof selbst etwas unterschiedlich beschrieben, doch die Römer enthielten ihren Inhalt der Öffentlichkeit 42 Jahre lang vor. Warum haben sie ihn jetzt publiziert?

Die Antwort muß in dem „etwas unterschiedlich beschrieben“ liegen. Die bewundernswerte lateinamerikanische Internet-Website Non possumus hat die von den Römern freigegebenen Passagen und Erzbischof Lefebvres eigene Darstellung des Inhalts der Unterredung nebeneinander veröffentlicht. Leser von Non possumus können selbst nachprüfen, wie die Römer die Blindheit Pauls VI. und ihre eigenen Schurkereien zu bemänteln versucht haben. Ein prägnantes Beispiel: Paul VI. warf dem Erzbischof vor, er habe seine Seminaristen gezwungen, einen Eid gegen den Papst zu schwören, was eine haltlose Vermutung war. Der Erzbischof erklärte sich bereit, auf ein Kruzifix zu schwören, daß der Papst ihn beschuldigt hatte, von seinen Zöglingen einen solchen Eid verlangt zu haben. Ein römischer Sprecher dementierte dann offiziell, daß ein solcher Eid auch nur erwähnt worden sei.

Auf dieselbe Weise versucht Roms Version den Abgrund, der zwischen dem Modernismus Pauls VI. und dem Glauben des Erzbischofs klaffte, zu übertünchen, um die Kapitulanten davon zu überzeugen, daß sie sich keine Sorgen über einen Abgrund zwischen Konzilsrom und der Bruderschaft zu machen brauchen: sie sollen also wiederum einen Liberalen zu ihrem Generaloberen wählen, aber notfalls wird ein Kompromißkandidat genügen.

 

Kyrie eleison.

 

 

(16. Juni 2018)

 

 

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