Samstag, 18. November 2017
Eleison Kommentare DXL (540)

Wie unterscheiden? — I

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer DXL (540)

Wenn jeder Gutes will, wie kann man Gut von Böse trennen?
Die Antwort heißt: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

 

Ein junger Mann mit rechtschaffenem Sinn hat uns eine gute Frage über die Krise innerhalb der Kirche und eine weitere gute Frage über die Krise innerhalb der Priesterbruderschaft St. Pius X gestellt. Seine erste Frage formuliert Josef wie folgt:

Einerseits war die Konzilskrise nur eine von vielen Krisen, welche die Kirche neulich heimsuchten, wie der Protestantismus, der Liberalismus und verschiedene Revolutionen, wozu noch zwei Weltkriege kamen; deshalb vermochten Irrtümer, die vor Vatikan II von der Kirche klar verurteilt worden waren, beim Konzil zu triumphieren. Und nach dem Konzil wurden dessen Neuerungen von klassischen Feinden der Kirche wie Freimaurern und Sozialisten mit Beifall aufgenommen, während der missionarische Geist der Kirche eindeutig erloschen ist.

Andererseits sind die Ideen des Konzils das Werk hochintelligenter und anscheinend katholischer Prälaten, und man kann nicht ständig geltend machen, der Papst sei gar nicht Papst, oder die meisten modernistischen Bischöfe seien ungültig geweiht. Kann man also sagen, dass die Konzilskrise auch Grauzonen umfasst, die es immer noch schwer machen, klar zu sehen? Und wenn wir noch keine gesicherten Schlüsse ziehen können, können wir dann ganz sicher sein, dass wir am wahren Glauben festhalten?

Die beste Antwort auf diese Frage erteilt Unser Herr selbst, der in der Bergpredigt (Matthäus VII, 15—20) sagt: „An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.“ Offensichtlich wußte Unser Herr, daß Seine Kirche ständigen Angriffen ausgesetzt sein und daß der Teufel rastlos versuchen würde, im Geist Seiner Amtsbehörden Verwirrung zu stiften. Die Verwirrung, die auf Vatikan II folgte, unterscheidet sich ihrer Art nach nicht von früheren Krisen in der Kirchengeschichte, aber der große Abfall der Prälaten bei Vatikan II macht diese Verwirrung ihrem Umfang nach beispiellos — nie zuvor war die Masse der katholischen Hirten und deshalb auch die katholische Herde dermaßen verloren gewesen.

Dennoch: Will man einen Ausweg aus der Verwirrung finden, gilt immer noch das unfehlbare Prinzip: Taten sprechen lautet als Worte, und die Früchte der Taten eines Menschen lassen am sichersten erkennen, wer er ist und was er wirklich beabsichtigt. Besonders im Fall des Modernismus kann ein Mensch sich selbst darüber belügen, was er will oder beabsichtigt, weil niemand der Realität dermaßen entrückt ist wie ein Modernist. „Das Ende der Welt wird durch Menschen geprägt sein, die Böses tun, während sie wähnen, Gutes zu tun“, sagte Pater Frederick Faber im 19. Jahrhundert. Im 21. Jahrhundert befinden wir uns in der verhängnisvollen Endphase dieses jahrhundertelangen Prozesses, bei dem die Menschheit, die glaubt, Gottes nicht mehr zu bedürfen, sich selbst belügt. Würde Gott Seine Schafe denn wirklich schutzlos solch beispiellos gefährlichen Wölfen im Schafspelz ausliefern, wie es die Modernisten sind? Nein, weil jedermann dazu fähig ist, einen Menschen an den Früchten seiner Taten zu erkennen, sofern er über ein Minimum an gesundem Verstand und einen ehrlichen Willen verfügt.

Ziehen wir hieraus die sich aufdrängenden Schlüsse. Sie, Josef, stellen fest, daß die heutigen kirchlichen Autoritäten hochintelligente Männer und anscheinend katholisch sind, und folgern hieraus durchaus logisch, daß sie legitime Autoritäten der Kirche sind, denn obwohl Sie wissen, daß die Früchte ihrer Taten so wenig katholisch sind, daß gar mancher Katholik ihnen jede Legitimität abspricht, fragen Sie sich, wer denn sonst bevollmächtigt sei, für die Universale Kirche zu sprechen und zu handeln. Zugleich stellen Sie jedoch fest, daß die Ideen jener Männer mit schwerwiegenden antikatholischen Irrtümern früherer Zeiten übereinstimmen, und daß die klassischen Feinde der Kirche wie die Freimaurer ihnen jetzt Beifall spenden. Argumente finden sich auf der einen wie auf der anderen Seite. Zweifel und Schatten. Wie entrinnt man diese Konfusion?

Die Antwort liegt in Ihrer weiteren Feststellung, dass seit Vatikan II der missionarische Geist in der Kirche erloschen ist. Dies sind die Früchte des Konzils. Es predigte die Ökumene (Unitatis Redintegratio) , die Glaubensfreiheit (Dignitas Humanae) sowie die relative Annehmbarkeit falscher Religionen wie des Hinduismus, des Islam und des Judentums (Nostra Aetate) — wie konnte der katholische missionarische Geist da nach dem Konzil nicht erlöschen? Und sind nach Vatikan II nicht zahllose Klöster, Seminare, Nonnenklöster, Diözesen und Gemeinden verödet, so daß sie geschlossen werden mußten? Wurden doch irgendwo neue Diözesen eröffnet? Ja, unter der Führung des weltweit einzigen Bischofs, der das Konzil und alle seine Werke von Anfang an offen zurückwies, Erzbischof Lefebvre. Dies waren eben jene Früchte eben jener katholischen Prinzipien, die Vatikan II zum Trotz getreulich in die Praxis umgesetzt worden sind. Nach weiteren Antworten auf Ihre Fragen brauchen Sie, Josef, nicht zu suchen.

 

Kyrie eleison.

 

(18. November 2017)

 

 

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