Samstag, 8. April 2017
Eleison Kommentare DVIII (508)

Transzendente Göttlichkeit

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer DVII (508)

„Kein Gott ist über mir!“ der eitle Mensch hochmütig denkt.
Vom Stolz verblendet, ahnt er nicht, dass Gott sein Schicksal lenkt.

 

Wenn es im Jahr je einen Tag gibt, an dem es sich besonders ziemt, über das Leiden und Sterben unseres Herrn Jesus Christus nachzudenken, dann ist dieser Tag sicherlich der heutige, der Tag vor Palmsonntag, kurz vor dem Beginn der Heiligen Woche. Und dieses Nachdenken ist im Verlauf des letzten halben Jahrhunderts mit jedem Jahr notwendiger geworden, weil das Leiden der Mutter Kirche, das mit Vatikan II seinen Anfang nahm, immer furchtbarer und zugleich immer geheimnisvoller wird. Wir alle tun gut daran, uns in Erinnerung zu rufen, dass Gott geheimnisvoll ist, in anderen Worten, dass Er unendlich weit über und jenseits unseres kleinen menschlichen Geistes steht. Ansonsten laufen wir Gefahr, ihn zu verkleinern, damit er sich in den Rahmen dieses kleinen Geistes hineinzwängen lässt. „Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken” (Jesaja LV, 8—9).

Diese entscheidend wichtige Erkenntnis wird uns im Fünften Freudigen Geheimnis des Heiligen Rosenkranzes zuteil. Im Alter von zwölf Jahren liess es Unser Herr zu, dass Seine Mutter und der Heilige Josef ihn verloren, um sie daran zu erinnern, dass Er für die Sache Seines Vaters eintreten musste. Seine Mutter konnte das nicht verstehen — „Mein Sohn, warum hast du uns das getan?.“ Denn Er hatte Seinen menschlichen Eltern drei Tage lang quälende Sorgen bereitet — „Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.“ Unser Herr antwortete, als ob es für sie keinen Grund zur Sorge gegeben hätte — „Was ist’s, dass ihr mich gesucht habt? Wisset ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ Doch so drückend war die Sorge Seiner Eltern gewesen, dass diese Antwort für sie vom menschlichen Standpunkt aus keinen Sinn ergab — „Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen redete.“ Doch seine Mutter wusste, dass es ein Fehler gewesen wäre, ihren Sohn weiter auszufragen. Stattdessen „behielt sie alle diese Worte in ihrem Herzen“ (Lukas II, 48—51), um zu erkennen, warum Gott recht hatte, obwohl sie ihn nicht verstehen konnte.

Dem künftigen Oberhaupt der Kirche, dem Felsen, auf dem sie erbaut werden sollte, musste dieselbe Einsicht, dass Gottes Wege für uns wahrhaft unerforschlich sind, ebenfalls vermittelt werden, wenn auch in etwas handgreiflicherer Form als der liebenswerten Mutter Unseres Herrn. Menschlich, allzu menschlich tadelte Petrus Unseren Herrn dafür, dass Er es gewagt hatte, den Aposteln zu eröffnen, dass er sich nach Jerusalem begeben werde, um dort zu leiden und zu sterben. Die Antwort Unseres Herrn war schneidend: „Hebe dich, Satan, von mir!“ Allerdings ist die Erklärung im Grunde dieselbe wie bei der Antwort, die Er Seiner Mutter gab, „denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist“ (Matthäus XVI, 21—23). Petrus, der eben erst zum Fels der Kirche ernannt worden war (Matthäus XVI, 18—19), ist der letzte, dem es erlaubt werden kann, in menschlichen statt in göttlichen Kategorien zu denken, sobald er die Kirche wird leiten müssen.

Doch selbstverständlich anerkennt Unser Herr das Problem, dass Menschen allzu menschlich denken, wenn es um die göttlichen Dinge geht. Deshalb führte er Petrus, kurz nachdem er ihn streng getadelt hatte, zusammen mit Jakobus und Johannes auf einen hohen Berg, wo er verklärt wurde, damit seine Gottheit aus seiner menschlichen Natur schien. Deshalb mochten die Apostel zwar alle bis ins Mark erschüttert sein durch den furchtbaren Gottesmord in Jerusalem, aber drei von ihnen würden in der Lage sein, zu bezeugen, was sie mit ihren eigenen Augen gesehen hatten (vgl. Zweiter Brief des Petrus I, 16—18): Wie schon vor der Passion die Gottheit aus dem Leib jenes Mannes erstrahlte, der auf Golgatha gekreuzigt werden sollte.

Und in unseren eigenen Tagen? Die Katholiken wissen, dass das Leben der Katholischen Kirche die Fortsetzung auf Erden der Inkarnation Christi auf Erden ist; somit wissen sie im Prinzip, dass, so wie die 33 Lebensjahre, die Christus hier beschieden waren, mit Seiner Passion und Seinem Tod endeten, auch die Kirche ihre Zeit auf Erden beenden mag, indem sie aus allen Wunden blutet, bis sie so gut wie ausgelöscht ist. Dennoch kann es gar manchen guten Menschen in seinem Glauben erschüttern, wenn er diesen Vorgang mit eigenen Augen ansehen muss. — „Wie ist es möglich, dass diese Päpste, diese Kardinäle und diese Bischöfe die Träger von Gottes Autorität in der Struktur Seiner einzigen wahren Kirche sind?“ Natürlich sind sie im Allgemeinen durchaus nicht ihre treuen Träger, doch wo sonst sind denn die Träger, welche ihre Struktur darstellen? Nur Geduld. Als man Gott nach Golgatha zerrte, war er immer noch da, und er ist auch heute, wo man Ihn in die Neue Weltordnung zerrt, immer noch da. Aber er hat Sein letztes Wort noch nicht gesprochen!

 

Kyrie eleison.

 

(8. April 2017)

 

 

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