Sonntag, 14. August 2016
Eleison Kommentare CDLXXIV (474)

Bischof Fellay — II.

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer CDLXXIV (474)

Seien wir hart im Verstand und sanft im Benehmen.
Weicher Verstand macht dumm und sentimental.

 

Ein Fehler ist solange nicht vollständig widerlegt, bis er entwurzelt ist. Anders ausgedrückt: Um einen Fehler tatsächlich zu überwinden, müssen wir nicht nur beweisen, daß es ein Fehler ist, sondern warum es einer ist. Der „Kommentar“ von letzter Woche behandelte die Stellungnahme des Generaloberen der Priesterbruderschaft vom 28. Juni 2016. Nehmen wir erstens an, daß diese Stellungnahme, indem sie die Glaubenskrise der Kirche durch die frommen Bruderschaftspriester lösen möchte, den Irrtum begeht, den Karren des Priestertums vor das Pferd des Glaubens zu spannen. Zeigen wir dann zweitens, daß dieser Irrtum seine Wurzeln in der heutzutage fast durchgängigen Unterschätzung des Verstandes mit gleichzeitiger Überschätzung des Willens hat, was unbewußt sogar in einer Verhöhnung der Doktrin endet (außer natürlich der Doktrin der Beatles: „Du brauchst nur Liebe, Liebe, Liebe“ – „All you need is luv“).

Bereits zu Beginn der Stellungnahme kommt ein Hinweis auf diesen Irrtum, wenn die Stellungnahme davon spricht, daß im Lehrschreiben Pascendi, dem mächtigen Hammer von Pius X. gegen den Modernismus, der zentrale Grundsatz die „Unabhängigkeit“ sei. Nein. Der Grundsatz, welchen Pius X. durchgehend als die Wurzel des Modernismus verurteilt, ist vielmehr der Agnostizismus, also die Irrlehre, wonach der Verstand nichts davon wissen könne, was jenseits des durch die Sinne Erfaßbaren liegt. Diesem Unwissen folgt die Unabhängigkeit des Verstandes von seinem eigentlichen Objekt, worauf wiederum die Erklärung des Willens folgt, von allem anderen unabhängig zu sein, wovon er nicht abhängig sein wolle. Es liegt an der Natur der Dinge, daß zuerst der Verstand Selbstmord begehen muß, bevor der Wille seine Unabhängigkeit erklären kann. Wenn also die Stellungnahme als Herzstück von Pascendi die Unabhängigkeit vor dem Agnostizismus erklärt, so weist dies darauf hin, daß jene Stellungnahme mehr ein Teil des Problems der Kirche denn seiner Lösung ist.

Woher rührt nun diese Herabstufung des Verstandes und damit auch der Doktrin? In erster Linie von Luther, welcher die menschliche Vernunft eine „Prostituierte“ nannte, und welcher mehr als alle anderen das Christentum auf diesen sentimentalen Pfad brachte, welcher heute schließlich zur Selbstzerstörung des Christentums führt. Und das hat ganze 500 Jahre gedauert? Ja, denn es gab einen natürlichen und katholischen Widerstand während dieses Vorgangs. Doch hatte Luther Recht, als er dem Papst voraussagte, daß er (Luther) ihn am Ende zerstören würde: „Pestis eram vivus, functus tua mors ero, Papa“ – Eine Plage war ich für Dich, solange ich atmete, doch wenn ich gestorben bin, so werde ich, o Papst, Dein Tod sein.

Von diesem radikalen Riesenirrtum der Herabstufung des Verstandes und der Doktrin dürfen wir im Falle der Stellungnahme vom 28. Juni zwei sekundäre Irrtümer von Bischof Fellay herleiten: Erstens sein Mißverstehen Erzbischof Lefebvres, und zweitens sein zu großes Verständnis für Frau Cornaz (Pseudonym Rossinière).

Als der Erzbischof selber noch den Vorsitz in Econe innehielt, war auch Bernard Fellay, so wie viele von uns dortigen Seminaristen, regelrecht entzückt und bezaubert von dem hervorragenden Beispiel direkt vor unseren Augen, was denn ein katholischer Priester sein kann und soll. Allerdings war das Rückgrat der erzbischöflichen Priesterschaft und seines heldenhaften Kampfes für den Glauben nicht die Frömmigkeit – auch viele Modernisten sind „fromm“ –, sondern seine Doktrin, also die Lehre des ewigen Priestertums, welche zutiefst allergisch gegen den Liberalismus und Modernismus ist. Auch hat der Erzbischof niemals gesagt, daß seine Bruderschaft die Kirche retten werde, sondern vielmehr, daß die Bruderschaftspriester die unschätzbaren Kirchenschätze sichern werden, bis besser e Zeiten kommen.

Wie P. Ortiz uns erinnerte, war die Person, welche behauptete, daß die Bruderschaftspriester die Kirche retten würden, Frau Cornaz. Sie war eine Mutter aus dem schweizerischen Lausanne, lebte während des Großteils des 20. Jahrhunderts und soll zwischen 1928 und 1969 angeblich Botschaften vom Himmel empfangen haben darüber, wie verheiratete Paare das Priestertum (!) heiligen sollten. Diese Botschaften begannen erneut im Jahre 1995 (!), als sie einen Bruderschaftspriester traf, welchen sie davon überzeugte, und über ihn auch Bischof Fellay, daß die Priester der Bruderschaft durch die Vorsehung dazu bestimmt seien, die Kirche zu retten durch ihre „Heime Christi, des Hohepriesters.“ Der Generalobere unterstützte ihr Vorhaben mit all seiner Autorität, doch ließ der starke Gegenwind der Bruderschaftspriester ihn schnell öffentlich sich davon distanzieren. Doch blieb die mystische Vision von Frau Cornaz über die erhabene Zukunft der Bruderschaft bei ihm innerlich bestehen? Das scheint gut möglich zu sein. Wie Martin Luther King hat auch der Generalobere „einen Traum.“

 

Kyrie eleison.

 

(14. August 2016)

 

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