Samstag, 11. Juni 2016
Eleison Kommentare CDLXV (465)

Aufgegebene Kirche?

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer CDLXV (465)

Wer des Erzbischofs Werk legt in die Hände diesen Roms,
Verrät ihn, den Glauben, und die Heimat der Katholiken
.

 

Der Juni 2016 wird für die Priesterbruderschaft St. Pius X. ein schicksalhafter Monat werden, weil, wie wir vernehmen, etwa 30 von ihren Vorgesetzten ein Treffen abhalten, um zu entscheiden, ob sie Roms jüngstes Angebot einer offiziellen Anerkennung akzeptieren sollen. Deshalb sei es angebracht, Mißverständnisse über die wahren Absichten ihres Gründers, Erzbischof Lefebvre (1905—1991), auszuräumen. Manche Leute behaupten, daß sein Kurs unstet gewesen sei, eine „Zick-Zack“-Linie, von einer Seite zur anderen schwankend. Andere behaupten, daß er insbesondere die Anerkennung Roms für seine Bruderschaft gesucht habe. Ohne zu sagen, daß er unfehlbar gewesen sei, dürfen wir doch die vergeßliche Bruderschaft daran erinnern, worum es dem Erzbischof vor allem ging. Die beiden erwähnten Fehler sind durch die gleiche Beobachtung zu korrigieren, d.h. es war seine Grundmotivation, Gott zu verherrlichen und die Seelen zu retten, indem er durch die Verteidigung des Glaubens der einen wahren Kirche dem lieben Gott diente, und für die Verteidigung dieses Glaubens die Priesterbruderschaft St Pius X. gründete, um Priester auszubilden, welche die Lehre, die Sakramente und die Messe der katholischen Tradition bewahren würden.

Das große Hindernis auf dem Weg des Erzbischofs stellten die Kirchenmänner des Zweiten Vatikanischen Konzils dar, deren ausschlaggebende Priorität es war (und ist), nicht Gott, sondern dem modernen Menschen zu gefallen, welcher sich vom Allmächtigen weit entfernt hatte. Heute wie damals wandten sie von Gott sich ab (zumindest objektiv, denn subjektiv weiß Gott allein), und trachteten danach, die Kirche Gottes und ihren Glauben, ihre Lehre, ihre Sakramente und ihre Messe durch eine humanistische „Erneuerung“ zu verändern.

Angewidert, oder sogar verzweifelt, mag der Erzbischof sich mit seiner Bruderschaft in eine Ecke zurückgezogen und diese Kirchenmänner ihrem konzilia ren Untergang überlassen haben. Doch erstens verfolgten ab der Römischen Visitation von Econe im Jahre 1974 die Römer ihn und sein Werk, weil sie nicht zulassen konnten, daß es ihre Verkehrtheit aufzeige. Sie konnten es sich nicht leisten, ihn in Ruhe zu lassen. Und zweitens, wenn er etwas dazu beitragen konnte, die Tradition wieder zu den Römern und diese wieder zur Tradition zu bringen, so wäre das durch sie der ganzen weltweiten Kirche zugutegekommen und nicht nur seiner kleinen Bruderschaft. So verfehlt sie auch waren, so hielten sie doch noch „den Sitz des Moses“ inne (Matthäus 23,2). Daher ging der Erzbischof ab dem Jahre 1975 zwischen Rom hin und her, bis im Jahre 1988 ihre Ausflüchte über die Bitte der Gewährung eines weiteren Bruderschaftsbischofs ein für allemal bewiesen, daß man zu ihnen nicht mehr mit Worten, sondern nur noch mit Taten sprechen konnte.

Nun gilt „Stat Crux dum Volvitur Orbis,“ d.h. das Kreuz steht still, während die ganze Wel t in Umlauf ist. Verankert in der Tradition stand der Erzbischof im Grunde immer noch still, während er es mit Geistlichen und einer Kirchensituation zu tun hatte, welche diesen Anker schleifen ließen und fortan treibend waren. Trieben sie nach links, mußte er nach rechts steuern, und wenn sie scheinbar wieder nach rechts lenkten (wie Ende 1987 und Anfang 1988), schwenkte er wieder nach links (z.B. durch das Protokoll vom 5. Mai 1988). Doch stets waren es ihre Richtungswechsel oder die sich entwickelnde Situation (z.B. die Verschlechterung der Novus-Ordo-Messe), welche seinen „Zick-Zack“-Kurs auslösten, und nicht umgekehrt. Sein eigenes Ziel stand fest: die Verteidigung des Glaubens.

Aus demselben Grund, und nachdem die Ausflüchte der Kirchenmänner am selben 5. Mai 1988 zweifelsfrei klar wurden, trat der Erzbischof nach nächtlicher Überlegung am 6. Mai von diesem Protokoll zurück, durch welches er die offizielle Anerkennung Roms für die Bruderschaft hätte erha lten können, und kappte alle diplomatischen Beziehungen zu Rom: nicht in erster Linie, um seine Bruderschaft zu retten, sondern vielmehr, um die katholische Tradition für die ganze Kirche zu schützen. Nun mußte die Doktrin den Platz der Diplomatie übernehmen, und von da an bis zu seinem Tod zweieinhalb Jahre später, auch wenn er in Bezug auf die Kirchenvertreter, welche er als „Antichristen“ gegeißelt hatte, eher verhalten auftrat, erklärte der Erzbischof, daß der Glaube an erster Stelle kommen mußte, in der Form der vorkonziliaren Päpste mit ihren anti-liberalen und anti-modernistischen Lehrschreiben. Durch seine Treue zur kirchlichen Lehre war er es, der im Fahrersitz saß, und die Römer wußten dies. Welch ein Gegensatz zu seinen heutigen Nachfolgern an der Bruderschaftsspitze, welche den römischen Verrätern an der Kirchenlehre hinterherkriechen und dazu noch von ihnen gedemütigt werden! Mögen diese Nachfolger des Erzbischofs jetzt noch einmal lesen, was er 6. September 1990 wie in einer Abschiedsrede an sie richtete.

 

Kyrie eleison.

 

(11. Juni 2016)

 

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