Samstag, 21. Mai 2016
Eleison Kommentare CDLXII (462)

Lehrgemäße Gefühle

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer CDLXII (462)

Gott sei Dank gibt es Weiber, welche für Christus leiden,
Als Gottes Schirm sie wirken, um seinen Zorn zu vermeiden
.

 

Der „Kommentar“ von letzter Woche mag nicht jedermanns Geschmack gewesen sein. Doch dürfte der geneigte Leser erraten haben, daß der ungenannte Autor des langen Zitats vom gleichen Geschlecht war wie die angeführte hl. Theresa von Avila („leiden oder sterben“) und die hl. Maria Magdalena von Pazzi („leiden und nicht sterben“), denn das anonyme Zitat mag übermäßig gefühlsbetont erschienen sein. Allerdings war der Gegensatz zu Papst Benedikts zitierten Gefühlen (EC 460) aus der Woche zuvor durchaus beabsichtigt. Während der Text des Mannes Gefühle zeigte, welche die Doktrin steuern, zeigte der Text des Weibes Doktrin, welche die Gefühle leitet. Offensichtlich ist es natürlich besser, wenn ein Weib den lieben Gott voranstellt, so wie Christus im Garten Gethsemane („Vater, laß diesen Kelch an mir vorübergehen, aber nicht mein Wille geschehe …”), als wenn ein Mann die Gefühle voranstellt und dann die katholische Doktrin und Religion in die Konzilsreligion abändert.

Dieser überraschende Gegensatz betont, daß die Vorrangstellung Gottes beinhaltet, die Doktrin an erste Stelle zu setzen, während die Vorherrschaft der Gefühle bedeutet, den Menschen an erste Stelle zu setzen. Allerdings geht es im Leben nicht darum, Leiden zu vermeiden, sondern in den Himmel zu gelangen. Wenn ich daher nicht an Gott glaube, sondern stattdessen den Mammon anbete (vergleiche Matthäus 6,24), so werde ich an kein Leben nach dem Tode glauben und daher für immer noch teurere Medikamente bezahlen, um das Leiden in diesem Leben zu vermeiden, da es kein Leben nach dem Tod gebe. So schaffen die westlichen „Demokratien“ einen ruinösen Wohlfahrtsstaat nach dem anderen, weil für einen demokratischen Politiker der sicherste Weg zum Gewinnen einer Wahl ist, Stellung für die „kostenlose Medizin“ zu beziehen. Das Kreisen um den eigenen Körper ist für viele Gottlose das einzige, was übrigbleibt. Folglich ruiniert die Gottlosigkeit den Staat: „Wenn nicht der Herr das Haus baut, so arbeiten umsonst die daran bauen“ (Psalm 126, 1); wohingegen „Glücklich diejenigen sind, deren Gott der Herr ist“ (Psalm 143, 15). Die Religion steuert also die Politik und die Wirtschaft gleichermaßen: bei jeder falsche Religion zu deren Schaden, und bei der wahren Religion zu ihrem wahrhaften Wohl.

Auf der Basis seines Gespräches vom Oktober 2015 (siehe EC 460) würde Benedikt vielleicht antworten: „Ja, aber welchen Nutzen hat eine Religion, an welche immer weniger Menschen glauben? Die katholische Religion aller Zeiten hat beim modernen Menschen die Griffigkeit verloren. Die Glaubenslehre von gestern mag so wahr sein, wie möglich, aber welchen Nutzen hat sie, wenn sie den modernen Menschen, so wie er heute ist und wo er steht, nicht mehr erreicht? Die Doktrin mag für die Seelen da sein, doch wie kann ich zum zeitgenössischen Menschen sprechen von dem erlösenden Leiden oder von der Erlösung, wenn für ihn das Leiden überhaupt keinen Sinn hat? Das Konzil war absolut nötig, um die Doktrin in eine für die modernen Menschen verständliche Form zu gießen.“

Auf diese Position, welche wenigstens implizit in Benedikts Gespräch enthalten ist, könnte eine etwaige Antwort so lauten: „Eure Heiligkeit, die Doktrin ist tatsächlich für die Seelen da, doch nicht, um sie auf die ewige Bestrafung vorzubereiten, sondern um sie davor zu bewahren. Die Doktrin besteht aus Worten, diese Worte drücken Vorstellungen aus, und diese Vorstellungen stammen letztlich von den wirklichen Dingen, welche wir uns vorstellen. Eure Heiligkeit, sind denn der liebe Gott, des Menschen unsterbliche Seele, der Tod, das letzte Gericht und die Unausweichlichkeit des ewigen Heils oder der ewigen Verdammnis nun Wirklichkeiten außerhalb meines Kopfes? Wenn diese Wirklichkeiten von mir unabhängig sind, hat dann irgendeine dieser Wirklichkeiten in den modernen Zeiten sich etwa verändert? Und wenn sie keine Veränderung erfuhren, drückt dann nicht die Doktrin, welche diese Wirklichkeiten ausdrückt, zusammen mit der Doktrin der Erbsünde, eine wirkliche Gefahr für jeden lebenden Menschen aus, in die Hölle fallen zu können? In diesem Fall mögen diese Wirklichkeiten so ungemütlich sein, wie sie wollen, doch welchen möglichen Gefallen erweise ich dann meinen Mitmenschen, wenn ich diese Doktrin netter sich anfühlen lasse, so daß ich die ewige Gefahr verschleiere, anstatt vor ihr zu warnen? Welche Gewichtung besitzen dann die Gefühle des Mitmenschen im Vergleich dazu, daß er die wahre Doktrin erfasse und sich ihr anpasse, um so letztendlich glückselig zu werden, anstatt in alle Ewigkeit grauenhaft gequält zu werden – in alle Ewigkeit?

Doch in unserer abgefallenen Welt wollen die meisten Menschen nur Fabeln erzählt bekommen (vergleiche zweiter Timotheusbrief 4,4), damit ein Polster unter ihre Sünden geschoben werde. Im Ergebnis müssen, damit das moralische Weltall im Gleichgewicht gehalten werde, eine gewisse Anzahl von nur Gott bekannten mystischen Seelen vorhanden sein, welche für Christus und für ihre Mitmenschen intensive Leiden auf sich nehmen. Eine angemessene Schätzung dürfte lauten, daß die meisten dieser Sühneseelen weibliche Wesen sind.

 

Kyrie eleison.

 

(21. Mai 2016)

 

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