Samstag, 19. September 2015
Eleison Kommentare CDXXVII (427)

Verwerflicher Naturalismus

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer CDXXVII (427)

Vor der Fleischwerdung Gottes genügte die Natur,
Doch seither ohne Christus gibt es Verdammnis nur.

 

„Ich bin ein Mensch, der auf eigenen Beinen steht, und ich verfüge über einen Verstand, einen Willen und ein Pflichtgefühl. Ich kann ein anständiges, sogar edles Leben auf natürlicher Ebene weit über dem bloßen Materialismus führen. Nun kommen Sie als Katholik daher und künden mir von einem übernatürlichen und übermenschlichen Leben, welches dem natürlichen Leben überlegen ist und übernatürlicher Tugenden bedarf, um gelebt zu werden. Sie sagen mir, daß dieses übernatürliche Leben dem natürlichen haushoch überlegen ist, durch einen fleischgewordenen Gott ermöglicht wird und eine unvorstellbare Glückseligkeit bietet. Das ist ja schön und gut, aber ehrlich gesagt halte ich die menschliche Natur für ausreichend: das Leben weder eines Engels noch eines Tieres. Weder will ich den zukünftigen Himmel, noch seine gegenwärtigen Anforderungen hier auf Erden. Ich lehne den Vorteil mit der Bürde ab, und werde mich mit einem anständigen natürlichen Leben begnügen, welches Gott mit einem anständigen natürlichen Jenseits belohnen wird.“

Mit ähnlichen Worten skizzierte Kardinal Pie (1815–1880) die Einstellung des typischen „aufrechten und respektierlichen Bürgers“ der Mitte des 19. Jahrhunderts mit seinem schweren Irrtum vom Naturalismus, welcher seit damals und bis heute eine riesige Anzahl Seelen in die Hölle schickt. Als Naturalismus wird die Leugnung, oder in unserem Beispiel, die Ablehnung der gesamten übernatürlichen Ordnung bezeichnet: die Natur sei alles, bzw. alles was man will; und über der Natur existiere nichts, bzw. wenn es existieren sollte, so würde ich es höflich ablehnen. In seinem Lehrschreiben Humanum genus verurteilte Papst Leo XIII. den Naturalismus als den zentralen Irrtum der Freimaurerei. Der Naturalismus ist auch der große Irrtum Hollywoods — selbst wenn dies kaum jemand durchschaut, weil wir so sehr an die Welt uns gewöhnt haben, wie si e von den Freimaurern geformt worden ist, welche als Leitprinzip haben, überall anwesend zu sein, jedoch nirgends gesehen zu werden. Kardinal Pie antwortete seinem skizzierten aufrechten Bürger mit drei Argumenten:?—

Erstens ist Gott der Erschaffer und der höchste Herr seines Geschöpfes, des Menschen. Als Gott den natürlichen Menschen schuf, welcher tatsächlich zur natürlichen Ordnung gehört (sie ist Gottes Geschenk von der Welt an den Menschen), behielt Gott das Recht, den Menschen auch in die übernatürliche Ordnung hinaufzuheben (sie ist Gottes Geschenk von Gott selber an den Menschen). In der Tat berief Gott den Menschen dazu, in die übernatürliche Ordnung einzutreten: durch einen Akt der Liebe, welchen kein Mensch verweigern darf, weil dieses Geschenk und die Liebe so großartig sind. Von Gott her wurde diese Wohltat zur Pflicht, und die Ablehnung der Wohltat zu einer äußerst strafwürdigen Aufruhr gegen seine Liebe. Ja, die Vornehmheit, durch die übernatürliche Gnade an Gottes eigener Natur teilzuhaben, ist also eine Verpflichtung – solcherart, daß, wer sich weigert, wie ein Sohn sich zu benehmen, am Ende wie ein Sklave behandelt werden wird.

Zweitens beweist die Vernunft, daß Gott in seinem eingeborenen Sohn Jesus Christus sich offenbart hat. Was Gott offenbart, müssen wir erkennen. Sein fleischgewordener Sohn hat uns geoffenbart, daß wer zu glauben sich weigert, verdammt wird (Markus 16,16). Daß der Vater das ganze Gericht dem Sohn übergeben hat (Johannes 5,22—23). Daß jedes Knie vor Jesus Christus sich beugen muß (Brief an die Philliper 2,9—11). Daß jedes Vernunftwesen sich Jesus Christus unterordnen muß (2. Korintherbrief 10,4—6). Daß alle Dinge in Jesus Christus sind (Epheserbrief 1,10—12; Hebräerbrief 2,8). Daß außer Jesus Christus kein anderer Name unter dem Himmel ist, der gegeben unter den Menschen wäre, daß wir in ihm sollten gerettet werden (Apostelgeschichte 4,11—12). De r hl. Augustinus sagt über Johannes 15, daß wir entweder an Christus hängen wie die Rebe am Weinstock und entsprechende Früchte bringen, oder daß wir uns von Christus lösen und sodann ins Feuer geworfen werden. Weinstock oder Feuer! Ihr wollt nicht ins Feuer? Dann klammert euch an den Weinstock!

Drittens können wir ohne die übernatürliche Gnade kein anständiges natürliches Leben führen. Denn der gefallene Mensch ist im Geist und Willen schwach. Praktisch frägt der Kardinal, wie viele anständige respektierliche Bürger ohne Gottes Gnade fähig sind, allen Versuchungen widerstehen zu können? Tagsüber verhalten sie sich anständig im Büro, doch des Nachts? In der Öffentlichkeit folgen sie dem edlen Plato, doch privat dem genußsüchtigen Epicurus. „Geben Sie es zu, mein Herr!,“ warnt der Kardinal: „In den Augen der Menschen mögen Sie sich immer korrekt verhalten haben, aber nicht in Ihren eigenen Augen. Daher, wenn in Ihrer Seele kein Tropfen des Blutes Christi vorhanden ist, wandern Sie schnurstracks zur Bestrafung.“

 

Kyrie eleison.

 

(19. September 2015)

 

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