Samstag, 1. August 2015
Eleison Kommentare CDXX (420)

Lahmende Autorität

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer CDXX (420)

Der Hirte ist geschlagen, die Schafe zerstreut ringsum.
Und die Autorität steht auf dem Kopf, verkehrt herum.

 

Regelmäßig wünschen gute Seelen, daß ich „die Herausforderung“ annähme und eine Autoritätsposition an der Spitze der heutigen „Widerstands“-Bewegung ergriffe. Die Gründe für meine ernsthafte Abneigung gegen dieses Ansinnen möchte ich im folgenden vorschlagen, ohne sie aufzuzwingen.

In der Kirche ist die von oben nach unten verlaufende Autorität „kaputt.“ Der heutige Papst (ich bin kein Sedisvakantist) hat seinen katholischen Verstand verloren, wenn er jemals einen besaß. Doch selbst wenn seine Wahl zum Papst aus diesem oder jenem Grund ungültig gewesen sein sollte, so erfuhr sie doch ihre Gültigmachung durch seine universelle Anerkennung als Papst durch praktisch die weltweite Kirche. In jedem Fall ist niemand anders Papst und kann es auch nicht sein, und daher besitzt dieser Papst die höchste Autorität in der Kirche. Nun legte unser Herr seine Kirche als Monarchie an, und läßt seine Autorität in der Kirche nur durch den Papst nach unten fließen. Definitionsgemäß kann Autorität immer nur von oben stammen. Wie schon Jefferson in der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung sagt, kann eine von unten kommende Autorität stets auch wieder von unten weggenommen werden. Autorität von unten ist tatsächlich ein Widerspruch in sich, so daß sie keine echte Autorität ist.

Bis also dieser Papst die Autorität zum Führen des „Widerstandes“ mir gäbe, was völlig unvorstellbar ist, würde ich nie eine offizielle katholische Autorität besitzen, um die „Widerständler“ anzuführen. Könnte ich aufgrund des Notfalls eine von der Kirche ergänzte Autorität besitzen? Theoretisch ja, aber ergänzte Autorität ist relativ schwach. Sie wird von oben (durch die Kirche) gegeben, wenn beispielsweise ein bußfertiger Mensch einen Priester um die Beichte bittet unter ungewöhnlichen Umständen, wo z.B. dieser Priester keine Jurisdiktion für die Beichte besitzt. Die ergänze Autorität stammt also in der Kirche ebenfalls von oben, wird aber nur durch eine Nachfrage von unten angestoßen. Keine ergänzte Autorität ohne Nachfrage.

Betrachten wir Erzbischof Lefebvres eigenen Fall. Erstens war ihm sehr wichtig, daß die Statuten der ursprünglichen Priesterbruderschaft St. Pius X. offiziell durch die Diözesanbischöfe von Genf, Losannen und Freiburg (in der Schweiz) gutgeheissen worden waren. Zweitens, wenn ein Priester die Bruderschaft nach links oder rechts verlassen wollte, so hatte der Erzbischof keine Macht, diesen Priester davon abzuhalten oder ihn zu bestrafen, außer nichts mehr mit ihm zu tun zu haben. Wenn dieser Priester zur Novus-Ordo-Kirche überlief, so wurde er dort häufig mit offenen Armen empfangen, wie wir leicht uns vorstellen können. Unter anderem hat deshalb die Priesterbruderschaft St. Pius X. unter Bischof Fellay auf immer stärkere Weise normal sein wollen und auch vorgegeben, sie sei normal. Wir best ätigen wohl, wie sehr Bischof Fellay wieder in die Amtskirche eingegliedert zu werden wünscht. Immerhin liegt eine schwache Struktur insofern vor, weil die Bruderschaft nie eine andere Jurisdiktion als nur ergänzte besaß.

Doch das war der Erzbischof, und ich bin kein Erzbischof Lefebvre. Daher mag eine gewisse Anzahl guter Seelen um Führung sich an mich wenden, was sie auch tun, doch sehe ich mich nicht imstande, auch nur eine ergänzte Jurisdiktion zu beanspruchen, weil eine solch unerhörte Verwirrung in der Kirche herrscht. Gegenwärtig bin ich immer mehr abgeneigt, selbst eine wahre Sichtweise anderen aufzuerlegen, weil die Seelen inzwischen so verwirrt sind, daß selbst die kleinste Auferlegung eher dazu neigt, diese Seelen noch mehr zu verwirren, anstatt zu entwirren. „Schlage den Hirten und die Herde wird zerstreut“ (Zacharias 13,7), zitierte unser Herr im Garten Gethsemane (Matthäus 26,31). Und so wird es immer mehr in der Kirche sein, bis Gott in seiner Barmherzigkeit den Hirten wieder herstellt, was er aber nur gewähren wird, wenn die Menschheit nochmals einen wahren Gotteshirten zu schätzen lernt. Bis dahin würde so ein Geschenk Gottes Gefahr laufen, mehr zu schaden denn zu nützen. In der Zwischenzeit müssen wir also unsere gerechte Strafe annehmen: die allgemeine Verwirrung.

Daher werde ich jedem, der mich fragt, meine Gründe darlegen, warum ich so oder so handle, doch werde ich diese Gründe lediglich darstellen, nicht auferlegen, und außerdem werde ich es normalerweise den Menschen nicht übel nehmen, wenn sie mir widersprechen.

 

Kyrie eleison.

 

(1. August 2015)

 

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