Dienstag, 25. Februar 2014
Eleison Kommentare CCCXLV (345)

Fatale Humanisierung

Bischof Williamsons Eleison Kommentare,
Nummer CCCXLV (345)

Einige Katholiken, welche den Apostolischen Stuhl als vakant (nicht besetzt) ansehen, lehnen die letzten Ausgaben dieser „Eleison-Kommentare“ vehement ab, weil diese anscheinend die allumfassende Häresie des Liberalismus auf die gleiche Stufe mit der speziellen Meinung namens Sedisvakantismus setzten. Allerdings greifen die „Kommentare“ die Seuche des Liberalismus ständig heftig an, während in letzter Zeit sie lediglich argumentierten, daß niemand verpflichtet ist, Sedisvakantist zu sein. Ist das nicht eine sehr moderate Haltung im Hinblick darauf, wie oft der Sedisvakantismus einer ziemlich steril machenden Falle gleichkommt?

Die „Kommentare“ vertreten die Position, daß der Sedisvakantismus, obgleich er einen bewundernswerten Versuch zur Bekämpfung des Liberalismus darstellt, für diese Aufgabe bestensfalls ein unzureichendes Mittel ist, weil er mit den Liberalen einen Grundirrtum teilt: die Übertreibung der päpstlichen Unfehlbarkeit. In seiner vollen Tiefe führt dieser Irrtum uns zum Kern der beispiellosen Kirchenkrise von heute, weswegen die „Kommentare“ auf diesem Thema beharren werden und jene Leser um Nachsicht bitten, welche dadurch übermäßig gelangweilt oder gekränkt werden. Die ganze Kirche steht auf dem Spiel, nicht nur die Gefühle dieser oder jener Kirchenglieder.

Die erwähnte volle Tiefe finden wir in der langsamen aber stetigen Abkehr der Menschheit von Gott, von seinem Sohn und von seiner Kirche während der letzten 700 Jahre. Im Hochmittelalter besaßen die Katholiken noch einen klaren und festen Glauben, und sie erfaßten das Einssein und den Absolutheitsanspruch des objektiven Gottes und seiner widerspruchsfreien Wahrheit. Dante setzte Päpste ohne weiteres in sein Inferno. Als über die Jahrhunderte der Mensch jedoch immer stärker sich in den Mittelpunkt aller Dinge rückte, verlor scheinbar Gott seine absolute Transzendenz über alle seine Geschöpfe, die Wahrheit schien immer relativer zu werden und nicht mehr länger an Gottes, sondern stattdessen an des Menschen Autorität zu hängen.

Nehmen wir als Beispiel innerhalb der Kirche die 13. der 17 „Regeln über die kirchliche Gesinnung“ aus dem berühmten Buch Geistliche Übungen des Hl. Ignatius von Loyola. Unzählige Päpste lobten dieses Buch, und zweifellos half es dabei, Millionen von Seelen zu retten. Der Hl. Ignatius schreibt in dieser 13. Regel: „Wir müssen, um in allem sicherzugehen, stets festhalten: was meinen Augen weiß erscheint, halte ich für schwarz, wenn die hierarchische Kirche so entscheidet.“ Eine solche Haltung mochte die Autorität der Kirchenmänner für kurze Zeit stärken, aber drohte sie auf lange Sicht nicht eher, die Autorität von der Wahrheit abzukoppeln?

Tatsächlich war im späten 19. Jahrhundert der Liberalismus bereits so stark geworden, daß die Kirche ihre eigene Autorität unterstützen mußte, indem sie im Jahre 1870 eine Definition über das unter voller Kraft agierende Lehramt herausgab: namentlich, wenn 1) ein Papst 2) definiert, 3) den Glauben oder die Moral betreffend, und 4) für die gesamte Kirche bindend. Doch weil seither viele Katholiken zu menschlich denken, tendierten sie zu folgendem Irrtum: anstatt das päpstliche Außerordentliche Lehramt in Bezug zu Gott und zur unabänderlichen Wahrheit des Ordentlichen Lehramts der Kirche zu stellen, verleihen sie der menschlichen Person des Papstes eine Unfehlbarkeit, welche allein von Gott stammt und allein ihm gebührt. Dieser Vermenschlichungsprozeß erzeugte eine schleichende Unfehlbarkeit, welche fast zwangsläufig in dem absurden Anspruch Pauls VI. gipfelte, im Namen eines „Feierlichen Ordent lichen Lehramtes“ die Tradition der Kirche umformen zu können. Die große Mehrheit der Katholiken ließ den Papst damit ungestraft davonkommen. Bis heute werden viele von ihnen Tag für Tag mehr Liberale, weil sie den Konzilspäpsten folgen, während eine kleine Minderheit von Katholiken sich angetrieben fühlt, jenen das Papst-Sein abzusprechen, welche für diesen konziliaren Unsinn verantwortlich sind.

Kurz gesagt habe ich durchaus Respekt für viele Sedisvakantisten, insofern sie an die Kirche glauben und verzweifelt keine andere Lösung für ein unendlich großes Kirchenproblem finden. Doch sollten sie meiner Meinung nach höher und tiefer zugleich schauen: auf die unendliche Höhe und Tiefe Gottes.

Kyrie eleison.

 

– Zusammenfassung –
Das Problem des Sedisvakantismus ist jenes der ganzen modernen Kirche und Welt: dem Menschen wird zu viel und Gott zu wenig Bedeutung beigemessen. (22. Februar 2014)

 

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